Was war ...

 

im Jahre 1812

 

Bindersbacher Glocke

„MDCCCXII
gegossen von Sprinkhorn und Schrader in Frankenthal 1812
für die catholische Gemeind in Bindersbach
zu der Zeit Joseph Krempf – Dechant – Thomas Seyfried – Adjunkt – waren.“

Zwei filigrane Rankenwerkbänder umrahmen diesen Text. Weitere Verzierung auf der Glocke: Ein Kruzifix, an dessen Fuß ein Memento Mori (Totenschädel) platziert wurde, links des Kreuzes steht Maria und rechts davon Johannes der Täufer.


Februar 2012

Wenn in Bindersbach um 12 Uhr die Glocke zum Mittagessen ruft oder um 6 Uhr abends die Nachtglock’ läutet, wenn sie den Tod eines Menschen verkündet oder diesen auf seinem letzten Weg begleitet, oder wenn sie die Bürger beider Konfessionen zu einem Gottesdienst ruft, wer macht sich dann schon Gedanken über eine Glocke? Sie läutet! Das ist so und war schon immer so. Jawohl – seit genau 200 Jahren gehört die, einschließlich des Klöppels, ca. 60 cm kleine Glocke mit ihrem hellen Geläut zu unserem Dorf. Doch wer von uns Einwohnern hat schon einmal von dieser Gießereifamilie Sprinkhorn und Schrader aus Frankenthal gehört? Wer weiß, wie viele Glocken sie gegossen hat und wie viele davon die Kriege überlebt haben?

Einen Kirchturm als Unterkunft für die Bindersbacher Glocke gab es noch nie in unserem armen Dörfchen, wohl aber wurde 1807 ein Schulhaus mit einem Glockenturm gebaut, worin sie als „Schulglocke“ im Jahre 1812 ihren Platz fand.


altes Schulhaus mit Glockenturm um 1824

Als das Schulhaus um 1870 aufgestockt wurde, wurde die Schulglocke auf dem Speicher in einer Rundbogenöffnung am Hausgiebel aufgehängt.


Rundbogenöffnung am Hausgiebel des alten Schulhauses

Und noch einen weiteren Umzug musste unsere Glocke in diesen 200 Jahren mitmachen. Am Freitag, 21. August 1936, fand für die Bindersbacher Schüler der erste Schultag im neuen Schulhaus im Tal hinter dem Dorf (im Brunnenacker) statt.


das neue Schulhaus um 1937

Der Dachreiter auf dem First der Schule - ein mit Schieferschindeln gedeckter Zwiebelturm - beherbergt den Glockenstuhl. Die Glockenkrone ist damals an einem soliden Holzjoch befestigt worden. Und da hängt die Glocke auch heute noch, obgleich das Gebäude seit 1969 bekanntlich nicht mehr als Schulhaus genutzt wird, sondern als Sängerheim des Gesangverein „Liederkranz“ und als Dorfgemeinschaftshaus.


1936

Seit 1980 wird das Geläut durch Knopfdruck oder per Schaltuhr elektrisch gestartet. Das war aber beileibe nicht immer so. Läuten hieß: das Glockenseil ziehen. Selbstverständlich nutzte sich dieses mit der Zeit ab. Im Jahre 1920 beispielsweise musste das verschlissene Seil unbedingt erneuert werden. Aber woher das Geld nehmen? So bat unsere arme Gemeinde Bindersbach das Bürgermeisteramt in Annweiler um ein gebrauchtes Seil.

Und es gab Zeiten, da musste die Streitfrage, wer das ortsübliche Geläut zu besorgen habe, vom kgl. Bezirksamt Bergzabern entschieden werden. 1908 weigerte sich Lehrer Stephan Leist die Glocke zu läuten und so wurde durch die Ortsschelle aufgefordert, sich bei Interesse an dieser Arbeit beim Ortsbürgermeister Matthias Vogt zu melden. Die Aufgabe bestand im Läuten der Frühglocke, im Schulläuten, im 11- und 12-Uhr-Läuten, sowie im Feierabend-Läuten. Mit dem Läuten der Glocke war aber auch die Aufgabe verbunden die Schule zu putzen, in den Wintermonaten das Feuer in der Schule zu schüren und wöchentlich den Ortsbrunnen zu reinigen.

Leider konnte ich – trotz intensiver Recherchen - längst nicht alle Fragen um die Geschichte der 200jährigen Glocke klären.

Interessant zu wissen wäre, in welchem Monat des Jahres 1812 die Glocke nach Bindersbach geliefert und geweiht worden ist.

Ferner wäre aufschlussreich, was die Glocke seinerzeit gekostet hat und wie sie finanziert worden ist. Konnte sich unser bettelarmes, ca. 150-Seelen-Dorf Bindersbach den Kauf der Glocke überhaupt leisten oder gab es finanzielle Unterstützung vom Bürgermeisteramt in Annweiler?

Weitere ungeklärte Frage: Aus welchem Material wurde die Glocke gegossen? Es handelt sich möglicherweise um eine Graugussglocke, da sie weder im Ersten noch im Zweiten Weltkrieg beschlagnahmt und zu Rüstungszwecken eingeschmolzen worden ist? Den meisten Bronzeglocken ist die Legierung ja bekanntlich zum Verhängnis geworden. Möglicherweise wurde unserem Bindersbach aber auch einfach nur die Güte des Schicksals zuteil.

Brigitte Salmon, im Oktober 2012

 

 

1812 - 2012
200 Jahre Bindersbacher Glocke!

 

 

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