Gemarkung Bindersbach
Irgendwann zu Beginn des Jahres 2004 als bekannt wurde, dass Bindersbach in naher Zukunft 700 Jahre alt wird, brachte Gérard eine Kopie des „Extractus Bindersbacher Gräntz-Beschreibung de anno 1604“ (beurkundet 1778) mit nach Hause. Keiner von uns konnte das Dokument entziffern. Arthur Bauer „übersetzte“ zusammen mit Willi Schneider den Text buchstäblich so gut es eben ging. Die Beschreibung der Lage der Grenzsteine im Jahre 1604 faszinierte uns so sehr, dass wir unbedingt – wenigstens einen einzigen - Stein aus der Vergangenheit finden wollten. Von diesem Zeitpunkt an waren wir vom "Grenzstein-Recherche-Virus" befallen. Ende 2004 erhielten wir von Rudolf Wild, Queichhambach, „Die Annweilerer Grenzbeschreibung von 1777“. Von Günter Frey, Annweiler am Trifels, bekamen wir Pläne aus den Jahren 1604 und 1790.
Frühere Generationen, die Feldgeschworenen und der Feldschütz kannten sich noch in ihrer Gemarkung aus. Bedauerlicherweise haben die meisten jedoch einen großen Teil ihres Wissens mit ins Grab genommen. So begann unsere Suche ziemlich bei Null. Wir ahnten ja nicht, wie viel detektivischen Spürsinn man braucht, die von Efeu überwucherten und im Laufe der Jahre von Erde und Laub zugedeckten Steine aufzustöbern. Eine große Anzahl an Grenzsteinen konnten wir orten, manche werden wohl aber für immer verschwunden bleiben.
Wie viele Kilometer wir kreuz und quer, auf und ab, vor und wieder zurück, im Wald herumgestapft sind, können wir heute nicht mehr sagen. Jedenfalls hat es uns sehr viel Spaß gemacht. Wir wurden mit schönen Erfolgserlebnissen belohnt, zum Beispiel als wir „... in dem Geweyhten in der Mauer der 20.te Stein ...“ aufstöberten oder sogar ein ganzes Rudel Wildschweine vor uns flüchtete.
Da wir weder Historiker noch Vermesser sind, können wir natürlich nicht mit hundertprozentiger Sicherheit behaupten, dass unsere Angaben alle richtig sind.
Wir freuen uns, die privat gesammelten Erkenntnisse mit den interessierten Teilnehmern der Grenzbegehung unserer Heimat am 25. November 2006 teilen zu können.
Kopie des
"Extractus Bindersbacher Gräntz-Begehung de Anno 1604"
Beginn der ersten Seite des Dokumentes
Ende des dreiseitigen Dokumentes
Auf der Suche nach den Grenzsteinen
der Gemarkung Bindersbach
2004 - 2006
[ 1. Seite ]
Bindersbacher Gräntz-Beschreibung de
p.p.
Und haben dann Mitwochs darauf, des Morgens um die neunte Stund, ungefehrlich in Bindersbach den Anfang gemacht, an dem Bild, so da stehet
am Añweiler Küßßing dem 1.sten Stein, von dannen seÿnd
Wir weiter für angangen an ein andern Stein, gen dem Aßenstein, so da ist ohngefehrlich etliche Büchsenschuß
von Bindersbach, von diesem Stein fort uf den 3.ten Stein, von diesem Stein für mit Anweiler auf den 4.
ten Stein, von da weiter für bis an die Wießen des Städtleins Annweiler, da stet ein Stein, der im Brand
von den Fuhrleuten abgefahren worden, den 5.ten Stein, von diesem weiter fort den Schloßberg hinauf, bis an den
Stein, der da stehet unten an der Burg, Dreÿfelß, so da ist der 6.te
Stein, von diesem Stein weiter für an bis an ein Stein am Weeg, der da zeucht, um und rings der Burg, und guckt gen
dem
[ 2. Seite ]
dem Wald Büel; hir solt du mercken, daß ein Stein gestanden, mit einem ReichsApfel, so aber kaum zu kennen geweßen, und
einem geharnischten Reißigen, und hat gen der Burg geguckt den 7.ten Stein, von Stein das Thal unter, da stet
der 8.te Stein, von da weiter für bis an den 9.ten
Stein, so Schaden gelitten, von diesem Stein weiter für bis an den Stein, so da stehet an der Straße, so da zeucht gen Ranschbach
den 10.ten Stein. Hier solt du wißen, daß auch hier stehet, ein klein steinern Creuz, so verschlagen ist, und
kein Marckstein, sondern bedeutet, daß ein Gerber von Landau auf dem Platz tod geschlagen ist. Von diesem Stein mit dem Bischoffen
den Ferlenberg uf, der da ist der 11.te Stein, und stehet oben am Weeg, der da auch gen Ranschbach zeucht,
sofort den Berg uf, an den 12.ten Stein, ein großer erhabener Stein;
von diesem weiter für der Ebene nach an diesem Ferlenberg der 13.te Stein, von diesem weiter fort an den
14.ten Stein, so fort den Ferlenberg hinab, bis auf den großen Felßen den 15.ten
Stein
[ 3. Seite ]
Stein, so da stehet gemarcket mit 3. Creuz, so fort an den 16.ten Stein, den Berg weiters ab an das Lennsweiler Gemarck,
da stet der Stein an Michael Dörren Kirschbaum am Cestenbusch, sodan weiter füran,
an einen Stein, so verbastet an der Ahlmühl der 17.te Stein, so weiter
für die Ahlmüel uf den 18.ten Stein, der da stehet am
Faden Brönnel, an der Bindersbacher und Ranschbacher Viehtränck, so weiter
für an, an den Korn-Eck, der da scheidet den Bischoff und die Geraid und Bindersbach, so da ist der 19.te Stein,
und über den Weeg an einen Stein, der da stet in dem Geweÿhten in der Mauer der 20.te Stein, so weiter für
an den 21.ten Stein, sofort an den 22.ten den Rehberg mit dem bischoffen hinaus bis an den
23.ten, 24.ten 25.ten bis an den Aßenstein, den ersten Stein.
Und da p.p.
Daß vorstehender Extract, aus dem, auf dem fürst[lichen] Archiv befindlichen Original
fidelites extrahiret, wird andurch unter Vordruckung des gewöhnlichen Reg[ierun]gs-Insiegels, beurkundet.
Wertheim (…?). 27. Jan[uar] 1778
Unsere ersten Funde im Winter 2004/05
Der gefundene Grenzstein stimmt mit dem Lageplan überein.
Noch an Ort und Stelle wird eine Skizze angefertigt
Und wo finden wir - gemäß der Beschreibung von 1604 - den nächsten Stein?
Anno 1604
Hofürstl.: L. Werth[heim]
Archie[v…?]
Dieser Text wurde (so weit möglich) buchstäblich übertragen aus der Altdeutschen in die Lateinische Schrift von:
Arthur Bauer, Bindersbach
Willi Schneider, Bindersbach
Rolf Schnetzer, Annweiler am Trifels
Rudolf Wild, Queichhambach
getippt von: Brigitte Salmon
Bindersbach, anno 2004/2005
Nachtrag: Text auf historischer Karte
Ohngefehrer Riß, nach Schritten aufgenommen Eines Districts Von in Circa 400. m[orgen] Land, so Durante vaßalagio derer Von Rüber Von der Bindersbacher gemarkung, Von Pfaltz Zweÿbrücken, abgeschnitten worden, sich auf die deutliche grentzbeschreibung de 1604, gründend, und die gefertigte Bindersbacher gemarkungs Carte anschließend.
Gemarkung Bindersbach 1604
Puuh, da geht's aber steil rauf!
Dieser Grenzstein war ja wohl nicht zu übersehen
aber ...
hier müsste sich auch einer verstecken!
Tatsächlich! Volltreffer!
Wer lange genug sucht, wird schließlich fündig.
Für die Grenzbegehung haben wir alle Steine freigeschaufelt
und darüber liegende Äste und Stämme entfernt.
Auszug aus dem Buch (1886)
„Geschichte der Stadt Annweiler“
von Prof. Dr. Jakob Schlosstein
Bannbeschreibung von 30. Juni 1591, Seite 45 und 46
... Vonn dem weyer genant Haagtweyer bis uff den wasen (Schlossäcker) der da ligt zwischen einem Felsen (genant der Anpoß) und Tryfelß. Da steht aber ein Stein, Ist in kurzen Jaren Alß Johann Fauth zuTryfelß gewesen, und ein Acker daselbst machen wollen, widerumb von Neuem gesezt worden, an diesem Stein steht daß Annweiler A und diese Jar Zall 1544. Von diesem Stein den schlundt hinab durch die hagtäcker steht ein Stein neben dem wegt. Bei der Seyden wießen. Diese Zwen Stein scheiden Annweiller und Bintersbacher gemarken ...
... Vonn solchem Stein bis uff den Schwein-Acker, steht aber ein Stein der schaydet auch Annweiller und Bintersbacher gemarken. Von diesem Stein biß uff den Stein, Daran steht des Herrn vonn Haydeck wappen. Dieser Stein schaidet der Rehenbergt, Annweiler, Bintersbacher gemarken ...
Auszug aus dem Buch (1937)
„Annweiler – Geschichte einer alten Reichsstadt“
von Pfarrer Georg Biundo
Seite 290 und 291
Obiger Text wurde von Pfarrer Biundo wörtlich aus dem Buch von Prof. Dr. Schlosstein übernommen.
Auszug aus dem Sonderdruck (2001)
„Mitteilungen des Historischen Vereins der Pfalz
101. Band“
Grenzbegehung von 1777
von Rudolf Wild
Seite 222 bis 227
... Nunmehro gehet die Grentze über das Ackerfeld bis auf das Höchste hinauf und wieder etwas hinunter 33. Ruthen 8. Schuh 7. Zoll von letzterem Stein auf einen alten Stein, welcher dießeits mit der JahrZahl 1544. und A und oben auf dem Kopf mit einem Kreuz bezeichnet gewesen. Diesen alten Stein haben sowohl die Annweiler als Leinsweiler vor den GrentzStein anerkannt, welcher drey Gemarkungen, nemlich Annweiler, Leinsweiler und Bindersbach scheidet, und wo die Leinsweiler nunmehro aufhören, und Bindersbach mit Annweiler anfängt, und hat man solchen Stein annoch mit N° 47. und der JahrZahl 1777. auch gegen Leinsweiler zu mit L.B. bezeichnen lassen ...
Continuatum den 25.ten August 1777
Hat man sich anheute an den dreymärckigen Bannstein Sub N° 47 begeben, um mit Bindersbach den GrentzZug anzufangen ...
... von dem in fine gestrigen Protocolls bemarckten dreymarckigen Grentz Stein Sub N° 47, gehet die Grentze neben dem haagAcker, und von da über die Straaße den berg gantz unstrittig hinab auf einen alten Stein unterhalb des Bindersbacher Weeges, welchen unten Sub N° 50, beschrieben werden wird, wird, weilen aber diese Entfernung zu weit gewesen, so hat man nöthig befunden, zwey Zwischen=Steine zu setzen, und zwar von dem Stein Sub N° 47. 25 Ruthen 2. Schuh 5. Zoll allwo der erstere neue Stein als ein Zwischen Stein gesetzt, und dießeits die Bairische Wecke (Rautenwappen) als ein Theil des Pfaltz Zweybrückischen Wappens so dann das A benebst dem Jahr 1777. und dem N° 48. eingehauen, die Seite gegen Bindersbach aber leer gelassen worden. Und zwar stehet dieser Stein neben einem im Boden liegenden Felßen mit einem Kreuz bezeichnet, welchen man belassen hat, der neue Stein aber stehet 1. Schuh 1. Zoll auf der dießeitigen Hoheit.
Von diesem sonach 26. Ruthen 6. Schuh 1. Zoll das Schloßteich weiter hinab und über den Weeg auf den Windhof und Leinsweiler wurde der zweyte ZwischenStein bezeichnet wie voriger und mit N° 49. und ebenfalls gantz auf diesseitiges territorium gesezet. dergestalt daß von einen Seite desselben das Ende des Zweybrückischen Territorii und des Annweiler Stadt=Banns keines weges aber die Bindersbacher Gemarckung berühret wird.
Nun kommt endlich in einer entfernung von 44. Ruthen 1. Schuh 7. Zoll den Berg ganz hinab ein alter Stein, der an dem Bindersbacher Weeg stehet, und mit der JahrZahl 1760 und mit A, jenseits aber mit B, als dem Bindersbacher Zeichen bezeichnet gewesen, dieser Stein ist immer als ein ohnstreitiger GrentzStein zwischen beyden Bännen anerkannt worden; und hat man dermalen noch die JahrZahl 1777 und N° 50 darauf einhauen lassen.
Von diesem Stein gehet die Grentze über die Bindersbacher Straaß und Binderbacher Thal gegen den Bannenberg hinauf, wo abermal in einer Entfernung von 28. Ruthen 7. Schuh ein alter ohnstreitiger Grentz=Stein stehet, dießeits bezeichnet mit 16 A 04
und jenseits mit einem B auf dem Kopf aber mit einem … und welchem man gegen den vorigen mit N°51 gegen folgenden aber mit 1777 bezeichnen lassen.
Von da weiter rechts gegen den Bannenberg zu 20. Ruthen von vorigem Stein aber ist im Hang des Berges abermahl ein neuer Stein auf die nehmliche Art und mit denen nehmlichen
Bezeichnungen wie 48 und 49 gesezt, und mit N°52 behauen worden.
Nun gehet die Grentze 30 Ruthen 6 Schuh 2 Zoll weiter dem Hang des Bannenbergs schräg hinauf auf einen alten Stein dießeits mit A, und jenseits mit B bezeichnet, welchem man belassen und nur nich 1777 und N°53, auch die Bairische Wecke dießeits eingehauen hat.
Und ist ferner ein gleiches mit dem etwas rechts schräg und 26 Ruthen 1 Schuh 5 Zoll von diesem gestandenen alten und wie selbiger mit A und B bezeichnet geweßenen Stein geschehen, welcher n° 54 erhalten hat.
Von da an gehet die Grentze etwas lincks immer schräg den Berg hinauf 18 Ruthen 8 Schuh wo ein neuer Stein mit 1777, und N° 55. soddann mit denen Bairischen Wecken und A gantz auf diesßeitiges Territorium in die Linie der Grentze gesetzt worden.
Nun folgt in einer Entfernung von 26 Ruthen 2 Schuh und 7 Zoll in gleichem Zug ein alter Stein dießeits mit einem A und oben mit einem … bezeichnet, welcher aber um gelegen und den man ohngerichtet belassen, jedoch aber einen Stein mit A, denen Bairischen Wecken 1777 und N°56 darneben und 2 Zoll in das dießeitige Territorium hinein gesetzet hat.
Hier drehet sich die Grentze rechter Hand in einem stumpffen Winckel 11 Ruthen 6 Schuh 5 Zoll den Bannenberg hinauf, wo wieder ein alter Stein dießeits mit A und oben mit einem … marquiret, neben welchem man ebenfallß wie bey dem nechst vorhergehenden einen neuen Stein mit N°57 setzen lassen. Sodann etwas lincker Hand gegen das Höchste des Bannernbergs 29 Ruthen 4 Schuh 3 Zoll hinauf stehet wieder ein alter Grentzstein obern mit einem … bezeichnet, neben welchen abermahls ein neuer mit denen nehmlichen Zeichen auf den nehmlichen Fuß Sub N°58 gesezet worden.
Endlichen nun gehet die Grentze zwischen Annweiler und Bindersbach in gerader Linie 13 Ruthen 5 Schuh 6 Zoll auf das Höchste des Berges fort, wo ein alter dreymärkiger Stein stehet, der diesseits mit A jenseits mit [Wappen] als dem Wappen der ehemaligen Herren von Heideck auf der Seite gegen Bindersbach zu aber mit B bezeichnet geweßen; An diesem Stein endiget sich der Bindersbacher Gemarckung und stößt der Bann des unter dem Bischöfflich Speirischen amt Madenburg stehenden Dorf Rorbach an, zu dem Ende der GrentzZug mit diesem Amt und Dorff Morgen continuirt werden wird. Doch hat man besagten dreymärkigen Stein diesseits mit N°59 und 1777 bezeichnen lassen.
Auch wird ferners hier angemercket, dass man sub hodierno dem Löwensteinischen Amt Scharffeneck zugeschrieben habe,
dass weilen solches dem heutigen GrentzZug aus Ohnnachbarlichkeit und unter dem Vorwan gantz ohngegründeter Ursachen nicht beiwohnen wollen, man den GrentzZug nichts desto weniger einseitig vornehmen müssen, die neue Steinen aber gantz auf diesseitig Territorium setzen lassen, und dass wenn die Steine beschädigt , oder gar wider Vermuthen ausgeworffen werden sollten, man die Gemeinde Binderbach als violatores diesseitigen Territorii angesehen, und sich an seolchen quovis modo regresthiren auch solche deren Kosten wiederum neu setzen lassen würde, wie alles dieses die allegirte Correspondenz des mehreren besaget.
Continuatum den 26 Augs. 1777
An dem dreymarckigen Stein Sub N°59 erschienen anheute der Bischöfflich Speyrische Amtmann des Amtes Madenburg Herr Dollhofer, Herr Amtsschreiber Breßle, Friedrich Bauer der bischöffliche Jäger, Thomas Lemel, Anwald zu WaldHambach und Rohrbach Peter Frey des Gerichtes zu Rohrbach, und Johannes Schäfer ebenmämßiger Gerichtsschöffe, und da von diesen der nehmliche Stein als ein Dreymärker an welchen die Bänne Annweiler Rohrbach und Bindersbach zusammen stoßen , anerkannt worden, ha tman nunmehro mit Zurücklassung des Bindersbacher Banns den GrentzZug zwischen Annweiler und Rohrbach vorkommen, welcher ...
Mit der Stahlbürste wurden markierte Seiten abgebürstet,
um die Gravierungen auf den Grenzsteinen gut sichtbar zu machen.
Die Grenzbegehung am Samstag, 25. November 2006 in Wort und Bild
finden Sie auf einer Sonderseite
Grenzbegehung in Wort und Bild